Eco City Wünsdorf: Rettet diese Stadt unser Klima?

Zukunftsvision für eine klimagerechte Stadt: ein Entwurf der Eco City – International Campus Wünsdorf.

von Julia Stürzl

Ein altes Militärgebiet in Wünsdorf soll zu einer Modellstadt der Zukunft werden, die Antworten gibt auf Themen wie Klimakrise und Flüchtlingsströme. Mit lokaler Kreislaufwirtschaft, einem Campus für Geflüchtete und Einheimische, Kulturangebot und attraktivem Wohnraum. Kann das klappen?

Seit drei Jahren arbeitet er für diese eine Idee: Professor Dr. Ekhardt Hahn, Professor für Stadtplanung an der TU Berlin und Leiter des spektakulären Projekts Eco City. Mit dem Thema zukunftsfähige Städte beschäftigt er sich bereits über 40 Jahre. Er zitiert in der Pressekonferenz den UN-Generalsekretär Ban Ki-moon, der 2012 vor der UN-Vollversammlung sagte: „Our struggle for global sustainability will be won or lost in cities.“ Dort, wo das Problem entstehe, müsse es auch bekämpft werden – in den Städten. Und diesen Kampf führt Hahn schon lange, dafür hat er weltweit Pioniere des ökologischen Städtebaus um sich versammelt.

Hahns Vision Eco City – International Campus Wünsdorf ist eine nachhaltige Modellstadt. Diese soll auf lokaler Ebene zeigen, wie der Übergang in ein postfossiles Zeitalter mit dementsprechendem Städtebau und Lebensstil auch auf regionaler und globaler Ebene gelingen kann. Hier sollen Antworten auf die Frage gefunden werden, wie Siedlungen gleichermaßen menschen- und klimafreundlich, naturnah und ressourcenschonend sein können.

Und wer soll im Zukunftslabor leben? Bis zu 10.000 Studenten sollen hier im dualen Studium der Stadtentwicklung wohnen, studieren und sich komplett selbst versorgen. Die Eco City – International Campus Wünsdorf basiert auf zellularen Strukturen – mit erneuerbaren Energien, lokalen Wasser- und Nährstoffkreisläufen, Cradle-to-Cradle-Technologien (Kreislaufwirtschaft) und nachhaltiger Mobilität.

Die zukünftigen studentischen Bewohner sind Konsumenten und Produzenten gleichzeitig und wenden das Gelernte in ihrer Siedlung gleich an. Sie versorgen sich weitestgehend mit regionalem Obst und Gemüse und bauen mit lokalen Materialien. Ökologie soll hier gelernt und gleichzeitig gelebt werden, aber auch Gemeinschaft soll eine wichtige Rolle spielen: Die Bewohner erfahren, wie gewinnbringend und zugleich herausfordernd Diversität ist und welche sozialen Kompetenzen es in einer zusammenwachsenden Welt – Stichwort 70 Millionen Klimaflüchtlinge weltweit – braucht, um friedvoll und produktiv miteinander zusammen zu leben.

Wünsdorf als idealer Standort

Das alles klingt nach Zukunftsmusik – Investoren müssen noch gesucht werden für dieses ehrgeizige Projekt, dass sich irgendwann selber tragen soll. Die Bewohner der circa 6.200 Einwohner zählenden Gemeinde Wünsdorf, Ortsteil der Stadt Zossen, aber sind wohl laut Angaben der Organisatoren bereits überzeugt.

Mit dem International Campus Wünsdorf könnte dieser schicksalsträchtige Ort, der im Ersten Weltkrieg eine Militärsportschule und NS-Oberkommandopunkt war und an dem später sowjetische Streitkräfte lebten, eine neue, friedliche Bedeutung bekommen.

Derzeit leben auf dem Gelände, das seit 2016 eine Erstaufnahmeunterkunft für Geflüchtete ist, 400 Personen. Auf dem Planungsgebiet befinden sich auch denkmalgeschützte, unsanierte Bausubstanz wie das Hauptgebäude der ehemaligen Heeressportschule, eine ehemalige Panzerhalle und unsanierte Kasernengebäude, die in das Areal integriert werden sollen.

Andreas Krüger, Moderator und Geschäftsführer der Firma für Raumstrategie Belius sagt dazu: „Klimabewegungen wie Fridays for Future sind toll, aber wir brauchen konkrete Lösungen und Antworten auf drängende Fragen der Klimakrise. Und genau das soll Eco City – International Campus Wünsdorf zeigen.“

Das Projekt soll den Organisatoren zufolge der Ausgangspunkt eines globalen Friedens- und Nachhaltigkeitsimpulses werden. Auch die zunehmende Sehnsucht der Menschen nach dem Regionalen und Ländlichen kann in solchen Eco-Cities bedient werden. Klingt nach einer win-win-Situation – jetzt braucht es nur noch genügend Kapital und Erlaubnisse der Politik. Die Voraussetzungen der Behörden sind inzwischen erfüllt, dank einer großzügigen privaten Spende konnte ein Koordinationsbüro etabliert werden. Jetzt beginnt die Arbeit: Ein Expertenstab für urbane Landwirtschaft, Landschaftsarchitekten, Pioniere des baubiologischen Planens, dazu Stadtplaner und Künstler forschen am Projekt der Zukunft.

www.qiez.de, Julia Stürzl,  9. Oktober 2019