Kolonialismus

Reich an Schätzen, trotzdem arm

Deutschlandfunk-Kultur / von Caspar Dohmen / Podcast vom 21.7.2020

Unterwegs in der westafrikanischen Elfenbeinküste. Viele klagen über den niedrigen Kakaopreis. Aber wer hat die Macht, höhere Kakaopreise durchzusetzen? Der Bauer Tayama Bekoua, eine mächtige Erscheinung im Kaftan, erhebt sich und ergreift das Mikrofon:

„Die Regierung muss die Preise erhöhen. Ein europäischer Autohersteller käme doch auch nicht darauf, die Autos unter seinen Kosten zu verkaufen, so wie sie das hier häufig beim Kakao machen. Die Regierung könnte die Import- und Exportbedingungen festlegen. Wir sind doch diejenigen, die den Kakao anpflanzen, und sollten deswegen auch diejenigen sein, die die Preise festsetzen.“

Aber die Sache ist kompliziert. Sicher – die Elfenbeinküste ist seit 1960 ein unabhängiger Staat. Die Länder des globalen Südens verkaufen ihre Rohstoffe … prinzipiell in eigener Regie auf den Weltmärkten. Einige sehr erfolgreich, weil sie tatsächlich den Preis beeinflussen. Allen voran die Erdöl produzierenden Staaten wie Saudi-Arabien, Kuwait, Nigeria oder Venezuela. Sie gründeten 1960 das OPEC-Kartell und sprechen fortan Mengen ab und beeinflussen damit den Ölpreis – bis heute.

Andere Länder profitierten von Phasen hoher Rohstoffpreise – etwa Lateinamerika in den 2000er-Jahren. Mit den Einnahmen finanzieren damals viele linke Regierungen ihre Armutsbekämpfungsprogramme.

Immer noch herrschen in der Wirtschaft koloniale Strukturen

Aber, und es ist ein großes Aber: Vielerorts holen Arbeiter mit viel Schweiß wertvolle Rohstoffe aus dem Boden, pflanzen Bauern mühselig hochwertige Agrarrohstoffe an und trotzdem bleiben sie arm. Warum?

Bis heute findet ein Großteil der Wertschöpfung in der Produktion in den Industrieländern statt und es haben sich koloniale Strukturen erhalten. Von einer „imperialen Lebensweise“ sprechen die Ökonomen Markus Wissen und Ulrich Brand in ihrem gleichnamigen Buch. Billige Rohstoffe waren und sind von zentraler Bedeutung für die kapitalistische Entwicklung.

Ohne billige Rohstoffe wäre vielleicht die industrielle Revolution in Europa ausgefallen. Denn erst durch die Ausbeutung der Kolonien entstand zu einem großen Teil das Kapital, das die frühen Kapitalisten dann in die neu entstehenden Fabriken und Maschinen investierten, zunächst in England.

Durch das Agieren der Imperialstaaten verschlechterte sich vielerorts der Lebensstandard.

Das gilt bis heute: Viele Länder des globalen Südens stecken noch in dem alten kolonialistischen Grundmuster fest. „Die große Masse der Entwicklungsländer ist leider aus diesem Rohstoffstadium nicht richtig herausgekommen. Sie haben sich nicht so entwickelt, außer einigen asiatischen Ländern, die wir alle kennen: Japan, Korea und China. Aber in Afrika, in Lateinamerika sind viele Entwicklungsländer leider immer noch extrem abhängig von den Rohstoffen“, sagt Heiner Flassbeck, früher Chefvolkswirt der UN-Organisation für Wirtschaft und Entwicklung. „Das liegt daran, dass wir ein Handelssystem haben, das für die Entwicklungsländer leider überhaupt nicht geeignet ist. Denn diese ganze Idee, man macht einfach Freihandel und dann hat man noch freien Kapitalverkehr und flottierende Wechselkurse, also am Markt bestimmte Wechselkurse zwischen den Währungen, ist fundamental in die Hose gegangen, für die Entwicklungsländer ganz besonders.“

Lehrreich ist das Beispiel des Kakao. Sein Preis ist inflationsbereinigt seit Anfang der 1980er-Jahre um 40 Prozent gesunken. Vielerorts schuften deswegen sogar Kinder.

Kakao wächst am besten in Kleinbauernbetrieben

In der Elfenbeinküste hatten seit dem 17. Jahrhundert die Kolonialherren aus Frankreich das Sagen. Ab dem 19. Jahrhundert setzten sie auf den Anbau von Kakao nach dem Vorbild von Zuckerplantagen in der Karibik oder Kautschukplantagen in Asien. Sie wollen Kakaobäume großflächig anbauen – eine schlechte Idee.

„Man hat aber schnell gemerkt, dass diese Pflanze so empfindlich und pflegebedürftig ist, dass das am besten in arbeitsintensiven Kleinbauernbetrieben funktioniert, und das ist die Struktur, die wir heute noch haben. Geschätzte fünfeinhalb Millionen Betriebe, die wahrscheinlich im Schnitt eher etwas unter als über drei Hektar bewirtschaften. Jeweils so 1300 Bäume auf einem Hektar, also Bauern und Bäuerinnen, die jeweils mehrere tausend Bäume betreuen, bewachen, ernten, pflegen müssen.“

Es ist mühsam. So müssen sie bei der Ernte mit einem Stock auf die Schale der Kakaofrucht schlagen, damit sich die Samen innen lösen. Dann brechen sie die Früchte auf und pulen die 30 bis 40 weißen Samen heraus, die so groß sind wie dicke Kidneybohnen. Phasenweise lief es gut und die Erlöse waren so ordentlich, dass die Menschen es besangen.

Kakaobauern verdienen weniger als einen Dollar pro Tag

Heute macht hier keiner der Kakaobauern mehr Geld. In den beiden größten Produzentenländern – Ghana und der Elfenbeinküste – verdienen sie im Schnitt weniger als einen US-Dollar am Tag. Das liegt deutlich unter der Grenze für absolute Armut von 1,90 US-Dollar, die zudem knapp kalkuliert ist.

Ganz wesentlich dafür war in den Augen der jungen Staaten eine Änderung der Welthandelsregeln, die der globale Norden bestimmte. Das Resultat waren ungünstige Preise bei Rohstoffen. Außerdem musste der globale Süden immer mehr Rohstoffe verkaufen, um die gleiche Menge Industriegüter aus dem globalen Norden kaufen zu können. Die realen Austauschverhältnisse – die sogenannten Terms of Trade – verschlechterten sich zu Ungunsten des Südens. Auf den Punkt brachte die Kritik der brasilianische Bischof Dom Hélder Câmara 1968:

„Wenn die Länder des Überflusses den Entwicklungsländern gerechte Preise für ihre Produkte zahlen würden, könnten sie die Unterstützung und ihre Hilfspläne für sich behalten.“

Auch Deutschland half der Protektionismus

Wenn in Ländern eine Industrie aufgebaut werden soll, hat es entgegen aller Freihandelsideen durchaus Sinn, diese zunächst gegen Industrien aus anderen Ländern zu schützen. Diese protektionistische Strategie hatten auch Deutschland und die USA im 19. Jahrhundert verfolgt, um gegenüber dem damals übermächtigen England aufzuholen. Und so schlugen auch viele Regierungen nach der Unabhängigkeit ihrer Staaten diesen Weg ein – häufig gegen Widerstand von Großgrundbesitzern.

Eine Industrialisierung in großem Stil fand nur in wenigen Ländern statt – in Indien, Südkorea, Taiwan und später China. Das lag auch an der Vorarbeit der Kolonialherren.

Die Briten hinterließen beispielsweise in Indien einen ausbaubaren industriellen Sektor, einschließlich Schwerindustrie. Andere asiatische Länder profitierten von der Hinterlassenschaft der japanischen Imperialmacht.

Japan hatte die Bevölkerung in seinen asiatischen Kolonien äußerst repressiv behandelt, aber – so die Historiker Jan Jansen und Jürgen Osterhammel – „planmäßig eine industrielle Kolonialwirtschaft aufgebaut“. In Korea und der Mandschurei für Kohle, Eisen und Stahl, auf Taiwan für Zucker und in Shanghai und Nordchina für die Baumwollverarbeitung.

Im freien Wettbewerb ist der globale Süden chancenlos

Hätten die asiatischen Tigerstaaten und später China ohne diesen Schutz gegenüber Europa und Nordamerika wirtschaftlich aufschließen können?

„Das ist absolut nicht der Fall“, meint Mikko Huotari vom Mercator-Institut für Chinastudien. „Das ist wirklich im Herzen des Entwicklungsmodells, dass hier Grenzen geschlossen werden. Dass bestimmte Produkte gefördert werden, dass eben auch in diesem geschlossenen System – abgeschnitten von internationalem Wettbewerb – dann diese neuen Unternehmen florieren können.“

Heute sind ein Großteil der Autos, Schiffe oder Smartphones und vieler anderer Waren „Made in Asia“. Aber in den meisten Ländern des globalen Südens blieb die Industrialisierung aus und daran wird sich unter den gegebenen Umständen wenig ändern.

„Da, wo ein Entwicklungsland völlig frei dem internationalen Wettbewerb ausgesetzt ist, hat es in der Regel keine Chance, eine starke Lücke zu finden, wo es hineinstoßen kann, wo es selbst industriell produzieren kann“, sagt der Ökonom Heiner Flassbeck. „Und industriell zu produzieren, ist die entscheidende Voraussetzung dafür, dass ich nicht an diesen Rohstoffzyklen, an den Preiszyklen und jetzt an der internationalen Spekulation hänge.“

Strukturanpassungsprogramme verschärften das Problem

In der Folge sind fast alle Länder des globalen Südens bis heute vom Rohstoffexport abhängig und damit den für Rohstoffe typischen Preiszyklen ausgesetzt.

Ein großer Fortschritt wäre es, wenn die Länder die Agrarrohstoffe selbst weiterverarbeiteten. Das würde wirkliche Entwicklung und einen fairen Anteil an der Wertschöpfung möglich machen, so wie zum Beispiel bei einer Kaffeekooperative in Kolumbien.

Fairer Handel

Von der Hauptstadt Bogotá sind es neun Stunden mit dem Bus in das südwestlich gelegene Valle de Cauca. Im Tal wachsen Mais, Zuckerrohr, Weizen und Kartoffeln. An den Hängen Kaffee. Auf einem Bergkamm wohnt die Familie Garcia in einem kleinen Paradies. Ihr Haus hat mehrere Zimmer um einen blumenberankten Innenhof. Sie besitzen ein Auto, ein Motorrad und Computer – ihre drei Kinder sind zur Schule gegangen und haben Ausbildungen gemacht.

Wilmar Garcia nimmt den Besucher mit auf seine Felder. Vögel und Bienen fliegen zwischen den Sträuchern umher und der Kleinbauer erzählt von der Bedeutung des fairen Handels für seinen kleinen wirtschaftlichen Aufstieg:

„Ohne fairen Handel ist es schwer. Mit fairem Handel werden Sie immer besser. Das ist äußerst wichtig für uns.“

Der Kaffee wird vor Ort geröstet

Das Ehepaar bildet mit 2200 anderen Bauernfamilien im Tal die Kooperative Cafenorte. Sie verkauft einen gehörigen Teil ihrer Ernte über den fairen Handel. Weil genug Konsumenten im Norden bereit und in der Lage sind, einen fairen Preis für Kaffee zu zahlen, sind die Bauern hier weniger den Preisschwankungen der Börsen ausgesetzt. So konnten sie investieren – in eine Kaffeeröstung für den heimischen Markt.

In einem Raum in der Zentrale der Kooperative in Cartago sortieren zwei Arbeiter sorgfältig mit den Händen schlechte Kaffeebohnen aus. Zur Steigerung der Qualität gibt es nebenan ein Kaffeelabor.

Es sei das erste in Kolumbien und das dritte Kaffeelabor in Südamerika gewesen, sagt der Chefverkoster der Kooperative.

Die Genossenschaft hat drei Cafés eröffnet, eines im Erdgeschoss der Zentrale, aber auch eines in der Millionenstadt Cali. Künftig wollen sie in allen größeren Städten des Landes eines betreiben. Die Genossenschaft ist also neben der Landwirtschaft auch in der industriellen Weiterverarbeitung und dem Dienstleistungsgeschäft aktiv. So sieht Entwicklung aus. Vom fairem Kaffee profitieren aber nur wenige Kleinbauern – von einem internationalen Kaffeeabkommen würden alle profitieren. Und tatsächlich gab es so etwas ja bereits.

In der Hochzeit des Kalten Krieges beschließen 44 Produktions- und 18 Verarbeitungsländer 1962 das internationale Kaffeeabkommen mit Exportquoten. Es gibt Verstöße – aber die Preisuntergrenze wird selten unterschritten.

„Wenn man sich das Kaffeeabkommen anschaut, dann war der Kaffeepreis vor der Abschaffung des Kaffeeabkommens über mehrere Jahrzehnte gerechnet ungefähr doppelt so hoch, wie er seit der Abschaffung ist“, sagt Friedel Hütz-Adams.

Die Bauern leiden unter dem „freien Kaffeehandel“

1989 – der Kalte Krieg ist vorbei. Die US-Regierung setzt nun auf den „freien Kaffeehandel“. Nach dem Ende des Abkommens bricht der Kaffeepreis drastisch ein – mit katastrophalen Folgen für die weltweit 25 Millionen Kaffeebauern.

Ihre Erlöse liegen unter ihren Kosten, sie zahlen drauf. Bis heute geschieht das den Kleinbauern, die Kaffee, Kakao oder Baumwolle für den Export anbauen, immer wieder, wenn der Preiszyklus ihrer Cash Crop seinen Tiefpunkt erreicht.

Um dem Teufelskreis aus Überproduktion, abstürzenden Preisen und der Verarmung von Teilen der Bevölkerung zu durchbrechen, setzen die Regierungen der früheren Kolonien oft auch auf nationale Programme zur Stabilisierung von Rohstoffpreisen.

Wie schwierig staatliche Eingriffe in den Agrarmarkt sind, wissen wir aus Europa mit unseren Milchseen und Butterbergen, die bis Mitte der 2000er-Jahre an der Tagesordnung waren.

In Westafrika kommen Korruption und Ineffizienz hinzu. Bisweilen profitierten Bürokraten mehr von den Kakaoprogrammen als die Kleinbauern:

„Beim Kakao war es so, dass mehrere Länder riesengroße Behörden geschaffen haben, mit Unmengen an Personal, die den Kakao handelten und dadurch den Bäuerinnen und Bauern viel Geld sozusagen abgenommen wurde, was eigentlich ihnen zustand“, sagt Friedel Hütz-Adams.

Ein häufiges Muster. Silvie Lang, Expertin für Agrarrohstoffe bei der Schweizer NGO Public Eye, sagt: „Es ist ja nicht so, dass die Produktionsländer gar nie in dem Sinne etwas davon haben. Es gibt ja auch Preishaussen, wo man doch zwischendurch etwas verdienen konnte, wenn man diese Produkte angebaut hat. Es ist einfach dann jeweils nur kurzfristig oder kurzzeitig, und die Frage stellt sich, wer daran verdient im globalen Süden und wer nicht.“

Der Trend geht zu Lasten der Produzenten

Vom Feld bis zum Endverbraucher ist es ein weiter Weg für Agrarprodukte. Die Wertschöpfung verteilt sich auf verschiedene Akteure, die Agrarrohstoffe anbauen, verarbeiten oder handeln. Die Verteilung ist höchst unterschiedlich.

„Es kommt ganz auf die Produktionsstruktur an. Es ist ja nicht bei allen Agrarrohstoffen gleich, wie es funktioniert. Gerade Kaffee oder Kakao beispielsweise werden immer noch mehrheitlich in kleinbäuerlicher Struktur angebaut. Es ist wenig mechanisiert. Bei anderen Rohstoffen wie beispielsweise Soja oder größtenteils auch Zuckerrohr ist mittlerweile sehr viel mechanisiert. Es ist sehr viel großflächiger angebaut.“

Generell gibt es einen Trend zulasten der – großen und kleinen – Produzenten der Agrarrohstoffe und zugunsten des Handels. „Das heißt, je mächtiger die Akteure wie Agrarhändler oder eben Retailer, desto mehr Gewinnverteilung, davon kann man ausgehen, und je schwächer gestellt, also sprich die Produzierenden oder die Landarbeiterinnen, desto weniger Gewinn oder Profit“, sagt Silvie Lang.

Für die Zollfreiheit zahlen die Länder einen hohen Preis

Seit 1995 ist die Welthandelsorganisation das zentrale Forum für Reformen des Welthandels. Jedes Land hat eine Stimme. Aber Fortschritte auf der Weltebene gibt es wegen unterschiedlicher Interessen schon lange nicht mehr. Stattdessen schließen Länder oder Ländergruppen wieder bilaterale Handelsabkommen, wovon vor allem die mächtigeren Länder profitieren, bisweilen aber auch die des globalen Südens.

Denn die Elfenbeinküste und Ghana können seit 2016 nicht nur ihren Rohkakao, sondern – anders als früher – auch im Land verarbeitete Kakaoprodukte zollfrei in den europäischen Markt exportieren.

Ein Fortschritt. Aber dafür müssen die Länder innerhalb von 15 Jahren ihre Märkte für 80 Prozent der Waren aus der EU öffnen. Insgesamt habe sich zu wenig getan, sagt der Ökonom Markus Wissen:

„Wir leben nach wie vor in einer imperialistischen Weltordnung, imperialistisch würde ich hier in einem sehr allgemeinen Sinne begreifen. Imperialismus ist dann gegeben, wenn Gesellschaften über ihre territorialen Grenzen hinaus Herrschaft ausüben, das heißt, wenn sie die Entwicklungsdynamiken anderer Länder bestimmen. Das kann sehr unterschiedliche Formen annehmen. Das kann eine Form der direkten politischen Kontrolle annehmen, wie es zur Zeit des klassischen Imperialismus im 19. Jahrhundert und frühen 20. Jahrhunderts der Fall war. Aber Imperialismus kann eben auch eine eher informelle Geschichte sein, eine politische Beeinflussung über bestimmte Regelwerke, wie sie etwa in der Welthandelsorganisation institutionalisiert sind: über eine wirtschaftliche Dominanz, über – wie Marx es formuliert hat – den stummen Zwang der ökonomischen Verhältnisse, über Marktprozesse.“

Der Kampf gegen Kinderarmut funktioniert nur über Preise

Zurück in Abidjan – der Hafenstadt in der Elfenbeinküste und Sitz der International Cocoa Organization. Treffen mit Michel Arrion, der das den Vereinten Nationen zugeordnete Programm leitet.

„Ich bin ein bisschen traurig, dass so viele Menschen in Europa oder Amerika gegen Kinderarbeit und Entwaldung kämpfen, ohne auf die Preise zu schauen“, sagt er. „Wenn wir das Preis- und damit das Armutsproblem lösen, dann werden die Menschen aufhören, Kinder zu beschäftigen oder Bäume abzuholzen und Nationalparks zu zerstören.“

Nur wenn weniger Kakao produziert werde, würden die Preise steigen, was wiederum der Schlüssel zur Lösung der Armut und ihrer Folgeprobleme sei – allen voran die Kinderarbeit. Ginge es nach ihm, würden die Kakao-Anbauländer dem Beispiel der OPEC folgen und ein Kakao-Kartell gründen. Die Keimzelle ist da:

„Es gibt eine Kakao-Opec. Es ist die Gruppe der Produzentenländer in unserer Organisation. Sie sollten sich besser koordinieren und ihre Positionen besser abstimmen.“

Tatsächlich haben sich Ghana und die Elfenbeinküste auf einen ersten Schritt geeinigt. In dieser Erntesaison – die im Oktober beginnt – sollen die internationalen Abnehmer einen Aufschlag von 400 Dollar je Tonne Kakao auf den Weltmarktpreis für die Bauern zahlen. Ein kräftiger Aufschlag, aber trotzdem nur ein Tropfen auf den heißen Stein, sagt Kakao-Aktivist Friedel Hütz-Adams. „Alle wissen, dass dieser Preis bei weitem noch nicht ausreichen wird, um die Bäuerinnen und Bauern aus der schlimmsten Armut rauszuholen.“

Eine Kakao-OPEC. Würde es funktionieren?

Nein, meint der Ökonom Heiner Flassbeck: „Der Weg muss immer noch sein, den Entwicklungsländern eine Chance zu geben, auf die industrielle Fertigung zu kommen, in die industrielle Fertigung hinein zu kommen, weil das der einzige Weg ist, wie man Produktivitätsfortschritte realisieren kann, wie man hohe Einkommen und Einkommenszuwächse erzielen kann für die Bevölkerung.

Gekürzte Fassung von jk